Dienstag, 1. Februar 2005

NACHTRAG ZU WEIHNACHTEN 2004

Ich mag Weihnachten. Wirklich. Ich mag es auch, Geschenke zu kaufen. Was ich nicht mag, sind andere Menschen.

Es ist Sonnabend Mittag und ich will nur ganz kurz mal in die Stadt. Nix besonderes. Ein bißchen bummeln, ein bißchen gucken, vielleicht etwas nettes kaufen.

Die erste Frage ist also: was ziehe ich an? Draußen ist es schon recht winterlich also fällt meine Wahl auf einen dicken Rolli, meine Winterjacke und Handschuhe. Diese Wahl sollte ich noch bereuen, aber dazu später mehr.
Ich mache mich also auf den Weg. Der Bus kommt pünktlich und ich zwänge mich in den Gelenkbus, der schon ziemlich voll ist. Hmmm, augenscheinlich bin ich nicht der einzige mit der Idee, am Sonnabend in die Stadt zu gehen. Endlich angekommen, führt mich mein Weg auch gleich ins erste Kaufhaus.

Und schon am Eingang sollte ich meine Bekleidungswahl bereuen: Während draußen schon fast Minusgrade herrschen, ist hier ein Klima, welches selbst Lawrens von Arabien als unerträglich beschrieben hätte: Gefühlte 40 Grad im, nicht vorhandenen Schatten, und eine Luftfeuchtigkeit von fast 100%. Mir läuft der Schweiß die Stirn herrunter, unter meinen Armen entwickelt sich ein wahrer sturzbach und mein Rücken ist so naß, daß ich mich fühle, wie frisch geduscht. Also verlasse ich diesen Konsumtempel und begeben mich wieder schnell nach draußen. Wer es bis jetzt vergessen hat: Draußen herrschen annähernde Minusgrade...

Das erste, was ich bemerke, ist die unglaubliche Spannkraft meine Gesichtshaut. Am Anfang habe ich noch gedacht, daß es an meinem jugendlichem Alter liegt. Nach ein paar Minuten war mir aber klar, daß sich der Schweiß auf meiner Stirn nun langsam in eine milimeterdicke Eisschicht verwandelt hat, die ich bestimmt nur mit Hilfe von Türschloßendeiser und einem Eiskratzer wieder entfernen kann. Sei es drum. Ich begebe mich in Richtung Einkaufszentrum.

Vorher muß ich aber über den Weihnachstmarkt. Eingehüllt in eine Wolke von Glühwein und Bratwurstduft schiebe ich mich durch die Massen. Und da sehe ich sie: Eine Gruppe Sekräterinnen. Vermutlich alle aus dem städtischen Tiefbauamt. Allesamt mit roten Nasen. Ob diese Färbung nun vom Glühwein, der Weihnachsstimmung oder der Kälte kommt, kann ich nicht sagen. Die rötliche Nasenfärbung findet sich auch in der Kopfbedeckung der Damen wieder... Die punschgeschfärbten Köpfe schmücken nicht weniger rote Weihnachtsmannmützen. Spontan frage ich mich, warum gerade Menschen, die auch ohne Mütze schon doof aussehen sich mit diesen Kopfbedeckungen noch viel lächerlichen machen müssen. Der Gipfel der Lächerichkeit sind dann aber die fünf roten Sterne, die abwechselnt und unaufhörlich rot blinken. Sogar für eine Leuchtreklame in Las Vegas wäre dies bestimmt zu aufdringlich.

Auf meinem Weg durch diese Weihnachtshölle gerate ich dann noch an mindestens 5 Glühwein-vor-sich-hertrager-und-auf-der-jacke-des-vordermanns-Verschütter und eine Handvoll, vermutlich, alleinerziehender Mütter, die ihre Kinderwagen durch das Gedränge schieben. Die Kinder unterscheiden sich übrigens nur in der Körpergröße von den angesprochenen Sekräterinnen. Die Lautstärke ist annähernd gleich.

Das Betreten des Einkaufszentrums läuft, im wahrsten Sinne des Wortes, wie geschmiert. Auch hier herrschen tropische Temperaturen und mir kommt sofort der Wille nach einen Vanilleeis und einer Tupe Sonnencreme in den Kopf. Schwitzender weise begebe ich mich in ein Kaufhaus meiner Wahl und fühle mich sofort wie eine Sardine in der Dose. Mindestens 3tausend Menschen stehen vor mir. Nun muß ich mich entscheiden, entweder verlasse ich das Geschäft oder ich schlage mich durch diese Massen. Ich entscheide mich für letzteres und begebe mich in Richtung der Abteilung für Herrenoberbekleidung.

Schon auf der Rolltreppe bemerke ich, daß dies ein Fehler war. Dicht gedrängt schieben sich die Ehepaare durch die Abteilung. Ehefrau vorweg, Ehemann hinterher. Sie greift, scheinbar wahllos, in die Kleiderständer und wirft Pullis, Hemden, Socken, Jacken und diverse Unterwäscheteile hinter sich, in Richtung Ehemann. Dieser versucht dann die Teile aufzufangen oder zumindest vom Boden einzusammeln. Alles begleitet von einem: „Guck mal Schatz. Das ist doch chick.“ Aber Schatz kann nicht gucken, denn Schatz sieht vor lauter Weichnachtsschnäpchen auf seinen Arm gerade noch, auf welchen Kleiderständer seine Geliebte Ehefrau gerade wieder zusteuert.

Es gibt für einen Mann nur wenig schlimmeres, als einzukaufen. Für einen Mann läuft der optimale Bekleidungseinkauf wie eine Geiselbefreiung ab: „Schnell rein, Ziel erfassen und schnell wieder raus.“

Ich beobachte das Schauspiel und entscheide mich nach einiger Zeit für ein einfaches Oberhemd. Nicht ausgefallen modern, aber auch nicht so langweilig, daß man mich für einen Bruder von Bill Gates halten kann. Nun geht es zur Kasse.

Die Kasse (mit mindestens 5 Verkäuferinnen besetzt) ist belagert, wie eine mittelalterliche Burg. Menschenmassen wogen hin und her und jeder versucht, nicht vom anderen erdrückt oder zumindest auf den Boden geworfen zu werden. Obwohl der Fall zu Boden bestimmt vergleichsweise weich wäre, da der besagte Fußboden dicht mit verlorenen Socken, Pulllis und Hemden bedeckt ist. Kurz bevor ich endlich bezahlen kann, drängt sich von meiner rechten Flanke der erste Vordrängler in die Reihe. (Der Militärische Begriff „Flanke“ ist hier mit Absicht gewählt, da ich mich mittlerweile wie ein Fremdenlegionär im Südamerikanischen Dschungel fühle. Was auch an den, schon erwähnten, Temperaturen liegt.)

Der Vordrängler ist Männlich, Ende 80 und vom Verhalten her bestimmt ehemaliger Offizier der Waffen-SS. Da ich keinen Streit haben möchte, lasse ich den Veteranen gerne vor und füge mich meinem Schicksal. Doch von der linken Flanke kommt schon die nächste Störung: Zwei Mädchen. Alter um die 20 Jahre und „bewaffnet“ mit einer Auswahl Tangas, die sogar Gina Wild zu anzüglich finden würde.

Nun beginnt das Wortgefecht. Sowohl der Männliche, als auch die beiden weiblichen Drängler beschimpfen sich auf übelste Weise und wollen somit den Gegenüber davon überzeugen, im Recht zu sein.

Einen kurzen Augenblick schaue ich noch zu und erkenne, daß sich beide Parteien in keiner Weise unterscheiden. Außer vielleicht im Alter, Geschlecht und der Tatsache, daß einer von Ihnen schon einmal seinen Winter in Rußland vor den Toren Stalingrads verbracht hat.

Nach einiger Zeit entschließe ich mich aber dann doch, auf den Kauf des Oberhemdes zu verzichten und begebe mich in Richtung Ausgang. Das von mir eigentlich ausgewählte Kleidungsstück landet im hohen Bogen auf einem ,scheinbar dafür bereitgestellten, Wühltisch. Zumindest gehe ich davon aus da irgendeine gewollte Ordnung oder ein System auf diesem Tisch nicht mehr zu erkennen ist.

Auf dem schnellsten Wege begebe ich mich nach Hause, um meine durchgeschwitzen Sachen zu wechseln, eine Tasse Kaffee zu trinken und nach einer warmen Dusche meine Weihnachsteinkäufe im Internet zu verrichten.

Wie gesagt: Ich mag Weihnachten. Allerdings nicht am Sonnabend und nicht wenn andere Menschen dabei sind...

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mcwinkel - 1. Feb, 14:43

Aaaalder,

wie schnell schreibst Du denn? :-)
Sieht aber nett aus, hier!

mcwinkel - 2. Feb, 11:19

Mööönsch,

hab´ mich schon gefreut, jetzt täglich was von Dir zu lesen... Geht da noch was?! :-)
Und check mal nach, wer an Deinem B-day Nr. 1 in den Charts war!

GIZA - 2. Feb, 12:14

Immer mit der Ruhe....

Ach Winkel. Gut Ding will nun mal Weile haben...Aber DAnke für den Link. "Daddy Cool Boney M." Auf jeden Fall ein Track, der zu mir paßt....

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